23. – 30.08.2012 Trabzon – Ostanatolien - Grenze Iran

 

Olli:

Nach über zwei Wochen Warten auf unser Ersatzteil in Trabzon konnte es endlich weiter gehen. Wir waren zwar etwas eingerostet nach dem ganzen Faulenzen, aber wir waren so froh, endlich wieder im Sattel zu sitzen, dass wir gleich am ersten Tag weit über 100 km an der Küste entlang geradelt sind.  Völlig außer Übung gleich so Vollgas geben war aber keine gute Idee. Als wir kurz vor der georgischen Grenze wieder abbogen Richtung Landesinnere ins Gebirge, hatte Sonja plötzlich mit zunehmenden Schmerzen im Knie zu kämpfen. Ein weiteres Übel waren außerdem unzählige rote, juckende Pusteln, von denen wir an unbedeckten Körperstellen übersäht waren und die uns ganze zwei Wochen plagen sollten. Diese hatte uns ein gefräßiger Mückenschwarm beim Zelten in einer Haselnussplantage zugefügt.

In den Bergen bei Artvin wurde es dann so steil und Sonjas Schmerzen so stark, dass wir ein Stück geschoben haben. Plötzlich hielt ein türkisches Auto vor uns und ein sympathischer Österreicher sprang heraus, um uns zu fotografieren und willkommen zu heißen.  Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, dass wir sehr überrascht waren. Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass er, Sebastian, in der Gegend arbeitet und zwar auf der Baustelle des weltweit dritthöchsten Damms (Yusufeli Staudamm, 271 m). Spontan hat er uns eingeladen zu einer interessanten privaten Führung über das riesige Betonungetüm. Ich muss zugeben, dass ich wegen meiner Höhenangst nicht nach unten sehen konnte. Sonja musste den Ausblick fotografieren. Vielen Dank nochmal an Sebastian für die tolle und lehrreiche Führung.

Sonja:

Beim Verabschieden hat uns Sebastian dann gewarnt, dass unzählige gefährliche Tunnel vor uns liegen. Wir haben also alle Lichter eingeschaltet, die wir haben, und waren uns sicher, dass die Warnungen bestimmt etwas übertrieben waren. Dem war aber nicht so. Die neuen, noch nicht ganz fertiggestellten Tunnel waren teilweise ziemlich lang und eng, allesamt komplett unbeleuchtet und der Seitenstreifen noch nicht befahrbar. Da wird es einem echt ganz schön mulmig, wenn man kaum die eigene Hand vor Augen sieht, Autos und LKW ganz knapp an einem vorbei brausen und man nur hoffen kann, dass die einen rechtzeitig sehen. Nach ein paar dieser schwarzen Löcher hatte Olli plötzlich seinen ersten Platten dank Glasscherben, die ja in der Türkei überall am Straßenrand liegen, da jeder einfach seine leeren Flaschen aus dem Autofenster wirft. Nach dem Flicken hatten wir dann das riesen Glück, dass ein kurdischer Lieferwagenfahrer, Yildirim, gehalten hat und uns anbot, uns 200 km mit in die nächste Stadt Erzurum zu nehmen. Freude strahlend sind wir sofort ins Auto gesprungen und haben uns auf der Fahrt mehrmals zu dieser Entscheidung beglückwünscht, da noch an die 30 Tunnel vor uns lagen und danach eine recht lange ungeteerte Schlaglochpiste. Auch mein schmerzendes Knie war sehr dankbar.

In Erzurum angekommen (im Winter übrigens ein sehr beliebtes Skigebiet mit Skisprunganlage) sind wir mit Yildirim ins Hotel seines Freundes, wo wir sehr günstig 2 Nächte verbringen konnten (Wir haben versprochen Werbung zu machen: Hotel Bahar - sehr günstig, einfach, sauber und nette Atmosphäre). Außerdem hat er angeboten, uns nochmal knappe 200 km bis kurz vor die iranische Grenze nach Doğubeyazıt mitzunehmen. Wir waren begeistert von diesem tollen Fahrservice, da wir nach 2,5 Monaten Türkei langsam mal genug hatten, aber nicht von Land und Leuten, sondern v.a. von der fürchterlichen türkischen Popmusik, die klingt, wie wenn man einer Katze auf den Schwanz tritt ;).  Außerdem konnten wir es kaum erwarten mit dem Iran endlich wieder ein neues, spannendes Land kennenzulernen. Je weiter wir nach Ostanatolien vordrangen, desto mehr mussten wir feststellen, dass die Leute hier noch weniger an europäische Touristen gewöhnt sind als die Bevölkerung Zentralanatoliens bzw. ihre Überraschung weniger zurückhaltend kundtun. Wir wurden regelmäßig ganz offen begafft wie Außerirdische auf Landgang und ständig angesprochen und zu Tee eingeladen.

Ende August haben wir uns schließlich frühmorgens mit der aufgehenden Sonne auf den Weg gemacht zur Grenze vorbei am größten Berg der Türkei, dem beeindruckenden Ararat. Wir waren sehr aufgeregt und gespannt, was uns wohl alles im Iran erwartet, da man in der Presse v.a. Negatives über dieses Land hört, von anderen Reisenden aber durchweg Positives. Schon kurz vor der Grenze kam uns der erste radfahrende Iraner auf seinem Reiserad entgegen, und wir haben erfahren, dass viele Iraner im Gegensatz zu den Türken gerne Rad fahren und auch längere Strecken mit Gepäck, was uns sehr auf weitere solche Begegnungen hoffen lies. 

Güle güle Türkiye!

 

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