30.08. – 06.09.2012 Grenze Iran – Tabriz

"Welcome to Iran"

Sonja:

Grenze:

„Waren Sie schon einmal im Iran?“ – „Nein.“ – „Wie finden Sie den Iran?“ – „Wissen wir noch nicht, da wir das erste mal hier sind!?!“ So in etwa lief unser Gespräch mit einer iranischen Beamtin an der Grenze ab. Zum Abschied wollte ihr Olli freundlicherweise die Hand geben, was sie aber erschrocken abgewiesen hat. Im Iran ist es nämlich nicht üblich, dass man dem anderen Geschlecht die Hand reicht, was aber Olli vor Aufregung ganz vergessen hat.  Ja das fängt ja gut an :) Nachdem uns dann noch zum Abschied ein Türke beim Geldwechseln bescheißen wollte, was sich aber mit Hilfe der türkischen Grenzpolizei und zweier hilfsbereiter Iraner abwenden lies, hieß es endlich: Volle Fahrt voraus in den Iran. Sogar unser traditionelles Grenzfoto durften wir mit Erlaubnis des iranischen Militärs schießen, obwohl Fotografieren an der Grenze eigentlich verboten ist :) Welcome to Iran! Wir hatten ja schon viel gehört über die islamische Republik von anderen Reisenden und auch aus der Presse, wir wussten aber dennoch nicht so recht, was uns wohl erwartet und ob man den Informationen allen glauben kann. Dementsprechend waren wir natürlich ziemlich gespannt.

Kleiderordnung:

Für mich hieß dieser neue Abschnitt unserer Reise nun leider bei der Hitze mit langer Kleidung und Kopftuch radeln. Olli hat sich aber ganz solidarisch auch seine lange Hose angezogen, obwohl eine kurze bei sportelnden Männern geduldet wird. So nach und nach habe ich dann herausgefunden, dass bei radelnden Touristinnen außerhalb von großen Städten ein kleiner Buff als Kopftuch auch reicht und die Ärmel müssen eigentlich nur bis zum Ellbogen gehen. Ist ja schon mal eine kleine Erleichterung.

Gastfreundschaft:

Was wir außerdem schon von vielen anderen Radlern wussten ist die große und herzliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Iraner. Mit großer Euphorie heißen sie einen beim Vorbeifahren auf der Straße mit den wenigen Brocken Englisch, die sie in der Schule aufgeschnappt haben, willkommen: „Hello! Hello! How are you? Where are you from? What’s your name?“ So oder ähnlich erlebt man es in jedem Dorf, das man passiert. Manchmal wird man sogar aufgehalten und es wird einem Obst geschenkt oder Tee angeboten. Kommt man dann bei einer Einladung zum Tee weiter ins Gespräch, drängt sich schnell eine weitere wichtige Frage in den Vordergrund, die jedem Iraner auf der Zunge brennt: „Wie gefällt euch der Iran? Was haltet ihr vom Iran?“ Das kommt uns doch schon bekannt vor… Wir haben uns erklären lassen, dass durch die weltweite Presse, die ja meist eher negativ ausfällt, jeder hier besorgt ist, was wohl Ausländer über einen denken.

Sprache & Geld:

Die ersten paar Tage im Nordwesten des Landes konnten wir uns noch sehr gut mit Türkisch verständigen, manchmal können v.a. die jüngeren etwas Englisch, aber leider nicht so viele wie wir gedacht hätten. Gleich bei unserer ersten Einladung zum Tee in einem Sonnenblumenfeld haben wir deshalb die Gelegenheit ergriffen, uns etwas Persisch anzueignen und der Bauer hat uns begeistert die persischen Zahlen und einige wichtige Wörter beigebracht. Die Sprache hat einen sehr angenehmen Klang und einige Wörter sind ähnlich wie im Türkischen, aber an die Schrift werden wir uns wohl nie gewöhnen. Stellt euch mal vor, ihr steht vor der Toilette und könnt beim besten Willen nicht erkennen bzw. lesen, welche nun für Männer und welche für Frauen ist. Auch die Suche nach ganz einfachen Geschäften wie z.B. dem Bäcker wird zur Herausforderung, wenn man das Schild nicht lesen kann und oft eine Bäckerei als solche von außen nicht erkennbar ist. Man fühlt sich schon manchmal wie ein Analphabet. Beim Hantieren mit dem iranischen Geld schwirrt einem dann vor lauter Nullen manchmal ganz schön der Kopf. 1 € ist in etwa (je nach aktueller Inflation) 30 000 Rial, gesprochen wird aber beim Einkaufen von Tuman, was dann 3000 Tuman entspricht, obwohl Rial auf den Scheinen steht. Da bekommt man anfangs beim Umrechnen echt einen Knoten im Hirn zur Belustigung der Händler, die beim Anblick unserer verwirrten Gesichter immer schmunzeln müssen.

Olli:

Wasserversorgung:

Leider sieht es im Iran mit der Wasserversorgung nun nicht mehr so komfortabel aus wie in der Türkei, wo es immer reichlich Brunnen gab. Hier gibt es so einen Luxus nicht und das Leitungswasser schmeckt oft stark nach Chlor. Wir hatten hiervon beide schon leichten Durchfall, so dass wir aufs Kaufen von Wasser umgestiegen sind, was für uns Europäer hier echt spottbillig ist.

Öffentliche Verkehrsmittel:

Sehr billig sind hier außerdem Busse (ca. 10 € pro Person für 600 km) und Taxen (ein paar Euro quer durch die Stadt). Gerade das Überlandfahren per Luxusbus (bequeme Sitze, Klimaanlage, gratis Wasser) über Nacht auf den sehr gut geteerten Straßen erfreut sich bei den Iranern großer Beliebtheit und das Streckennetz ist sehr gut ausgebaut. Auch Fahrräder werden transportiert für einen kleinen Aufpreis von ein paar Euro. Diese ganzen Vorteile und die Tatsache, dass wir nur ein 30-Tage-Visum für den Iran haben, dieses eigentlich nicht verlängern wollen, da wir vor Wintereinbruch noch möglichst weit kommen wollen und allein 14 Tage in Teheran auf unsere Visa für Turkmenistan und Usbekistan warten müssen, haben uns schließlich den Entschluss fassen lassen, im Iran größtenteils auf den Bus umzusteigen. So haben wir die Strecken Tabriz – Teheran (630 km), Teheran – Isfahan (450 km) und zurück nach Teheran allesamt mit dem Bus zurückgelegt. Demnächst geht es ebenfalls per Bus weiter nach Mashad (900 km).

Aber denkt jetzt nicht, wir wären faul geworden! Wir hatten viel Bürokratisches um die Ohren (Deutsche, Turkmenische, Usbekische Botschaft zwecks Visa), waren ausgiebig mit Sightseeing beschäftigt (Tabriz -> hier gibt’s Bilder einer netten Fotografin aus Tabriz, Teheran, Isfahan) und sind in den Bergen außerhalb von Teheran rumgekraxelt auf über 2000 m Höhe, was für einen mehrtägigen Muskelkater gesorgt hat. Aber mehr zu unseren Aktivitäten in und um Teheran gibt’s im nächsten Bericht.

Essen & Trinken:

Das persische Essen, besser gesagt das, was wir Vegetarisches in der sehr fleischlastigen Küche finden konnten, hat uns bis auf wenige Ausnahmen (in Essig eingelegte Sauerkirschen) sehr gut geschmeckt und wir haben im Gegenzug bei jeder Gelegenheit zur Völkerverständigung unsere deutschen Spezialitäten aufgetischt, wie z.B. Apfelstrudel, Kartoffelsalat, Kürbissuppe und vegetarische Pizza. Mit dem hiesigen Bier konnten wir uns als Vollblutbayern aber nicht anfreunden. Im Iran ist ja Alkohol verboten. Somit gibt es hier nur alkoholfreies Bier. Aus Verbundenheit zu unserer Heimat haben wir ein Bier mit dem schönen Namen „Bavaria“ ausprobiert, welches allerdings aus Holland war, und so hat es auch geschmeckt (Bitte nicht beleidigt sein liebe Holländer) ;) Ein weiterer Versuch entfiel auf ein Bier mit Ananasgeschmack… da sag ich jetzt nix dazu. Schmeckt genauso wie man es sich vorstellt. Willkommen im Iran :)

Nachtrag:

Geldversorgung (häufig gestellte Frage):

Im Iran als Tourist an Bargeld zu kommen ist unmöglich. Als Ausländer kann man kein Geld abheben an Geldautomaten (ATM), auch nicht direkt in Banken und ebenfalls nicht per WesternUnion. Mit einer Kreditkarte oder Reiseschecks kommt man auch nicht weiter. Einzige Möglichkeit ist das Mitbringen von Bargeld, am besten in Form von US-Dollar oder Euro, das man dann in Wechselstuben (nicht in Banken) in kleinen Mengen zum aktuellen Kurs immer wieder eintauscht. Beim Wechseln muss man außerdem wissen, dass es zwei Kurse gibt: den um ca. 60% schlechteren Regierungskurs der Banken und den besseren Straßenkurs der Wechselstuben.

 

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