25. - 28.09.2012 Visakampf & Pilgerreise nach Mashhad

 

Olli:

Zurück in Teheran gings dann auch gleich wieder Richtung turkmenische Botschaft, in der Hoffnung, unsere Visa dort abholen zu können. Wir hatten nicht vorhersehen können, dass es eine Schlacht mit den Visa Agency Leuten geben würde. Die turkmenische Botschaft hat leider keine Wartehalle, wo eine Nummer gezogen wird oder ähnliches, und dann schön brav einer nach dem anderen drankommt, lediglich ein kleines Fenster aus Holz in der Wand im Freien. Nach 2 Stunden geduldigem Warten und Umhergeschubse haben wir dann erfahren, dass heute keine Visa mehr ausgestellt würden. So ein Mist …. Wir konnten glücklicherweise unser Ticket für den VIP-Bus, das wir bereits im Voraus gebucht hatten, nochmal umbuchen und sind am nächsten Morgen gleich nochmal zur Botschaft gefahren …. Wieder dasselbe Chaos wie am Vortag …. Jetzt hat es mir endgültig den Nuggi rausgehauen:  Wieder an die 10 Agency Leute mit stapelweise Pässen in der Hand zum Abgeben. Wieder ein Geschubse und Gedränge. Ich hab den Jungs, die meisten waren 2 Köpfe kleiner als ich, gleich mal meinen Stand der Dinge klargemacht: Die erste Option wäre, dass ich jetzt dran bin, da ich vor ihnen da war, die zweite, dass ich allen eine auf die Fresse hau, die sich vordrängeln, falls es nötig ist. Das hat sie völlig überzeugt und wenig später hielten wir unsere Visa in den Händen.

Dann die nächste Überraschung: Durch das Umbuchen des Bustickets hatten wir leider keine VIP Tickets mehr für Mashhad bekommen, sondern nur ein Normales ;( Als wir am Abend am Busterminal eine Stunde vor Abfahrt zu unserem Bus gingen, hat uns der Busfahrer gleich mal klar gemacht, dass er uns, aber nicht die Räder mitnehmen würde ….. WAS???? Der Grund dafür war, dass der Laderaum des Busses bereits total voll mit Gepäck war. (Mit Rädern am besten immer einen großen VIP Bus buchen, da die genügend Platz haben). Wir hatten zwar Hilfe vom Giant Public Relations Manager, den wir am Terminal zuvor kennengelernt hatten, aber auch sein Diskutieren mit dem Verantwortlichen der Busgesellschaft hat nichts geholfen und unverschämterweise haben wir auch nicht unser ganzes Geld zurückbekommen. Sonja ist in dem Moment heulend vor lauter Wut und Verzweiflung fast zusammengebrochen und wollte am liebsten den Busfahrer schlagen.

Sonja:

Ich bin zwar schon einiges gewöhnt, da man in Asien immer auf alles gefasst sein muss, viel Geduld und starke Nerven braucht und selten etwas so läuft, wie man das aus Europa kennt, aber in dieser Situation bin ich echt ausgerastet. Nach dem ganzen Warten in Teheran auf die Visa (über 2 Wochen) und dem Theater vor den Botschaften war meine Geduld so gut wie aufgebraucht. Außerdem gerieten wir so langsam richtig unter Zeitdruck: Unser iranisches Visum war kurz vor dem Ablaufen und unser turkmenisches Visum hatte ein genau festgelegtes Zeitfenster von nur 5 Tagen für über 500 km mit unabänderlichem Ein- und Ausreisedatum. Man sollte also echt pünktlich an der Grenze sein. Bis Mashhad muss man eine 14stündige Busfahrt bewältigen und dann sollten wir vor Ort noch rechtzeitig einen Anschlussbus finden für die restlichen 200 km zur Grenze, der uns samt Rädern mitnimmt. Jetzt durfte echt nichts mehr Unvorhergesehenes passieren oder wir wären am Arsch. Welcome to Asia!

Wir haben dann Dank Hilfe am nächsten Tag einen anderen Bus am größeren Südterminal bekommen und sind schließlich nach 14stündiger, unbequemer Fahrt um 2.00 Uhr nachts in Mashhad angekommen. Auf der Suche nach unserer Unterkunft wollte uns ein freundlicher Iraner, den wir nach dem Weg gefragt haben und dessen Auto wir dann quer durch die Stadt gefolgt sind, gleich zu sich nach Hause einladen und das mitten in der Nacht! Bei unserem leider sehr kurzen Aufenthalt hier haben wir wieder sehr nette und hilfsbereite Leute kennengelernt und wurden von einer sehr sympathischen jungen Vegetarier-Familie aufgenommen (ja, es gibt hier Vegetarier und Veganer und sogar vegetarische Restaurants!). Außerdem haben wir schnell noch Ollis Lager für die bevorstehende Wüstenetappe reparieren lassen (Rudy Bicycles).

Da Mashhad die wichtigste Pilgerstätte ist für die iranischen Moslems, wollten wir natürlich auch deren Heiligen Schrein Besuchen, wofür ich mir extra einen Tschador geliehen habe. Leider konnten wir keine Fotos vom überwältigenden Inneren machen, da einem die Kamera am Eingang abgenommen wird, was wir ziemlich unfair und unlogisch fanden, da man Handys behalten darf und drinnen dann alle wild mit dem Handy fotografiert haben. Wir fühlten uns erst etwas fehl am Platz von den ganzen gläubigen Moslems umringt, die uns alle etwas verwundert angeguckt haben, und ich war sehr überrascht, als plötzlich eine Frau auf mich zu kam und fragte: American? Bei der Antwort „Germany“ hat sie mich dann angelächelt und mir mütterlich die Wange getätschelt. OK… komisch. Als wir das Innere des Heiligtums betreten wollten, mussten Olli und ich uns trennen, da es unterschiedliche Eingänge für Männer und Frauen gibt. Ich habe mich einfach staunend von den Menschenmassen durch die Räume schieben lassen. Beim Ständigen hochschauen zur verspiegelten und glitzernden Mosaikdecke ist mir dann so nach und nach der Tschador immer weiter vom Kopf gerutscht, weshalb mir schließlich eine Aufseherin mit ihrem Staubwedel auf den Kopf getippt hat, um mich zu ermahnen. Hastig hab ich meine Kopfbedeckung wieder zurechtgerückt, wobei mir aber das Tuch vom Arm gerutscht ist. Dafür wurde ich dann gleich von der nächsten Aufseherin ermahnt. Diese hat mich dann gefragt, ob ich persisch spreche und ob ich Muslimin bin. Als ich beides verneint habe und sagte, ich sei aus Deutschland, hat sie mich angelächelt und mir Schokolade geschenkt. Olli erging es ähnlich: Ihm haben die Männer anerkennend auf die Schulter geklopft. Komische Sitten… Von unserer Gastgeberin wurden wir schließlich aufgeklärt, dass es für die Iraner ein sehr großes Zeichen von Respekt ist, wenn man als Ausländer bzw. Nicht-Moslem ihr Heiligtum besucht.

Olli:

Bei dem Versuch, Plätze im Bus zur Grenze zu ergattern, ging diesmal alles gut. Wir mussten zwar mehr für den Transport der Räder als für unsere Sitzplätze bezahlen, aber unsere Drahtesel bekamen ein eigenes Gepäckabteil im Laderaum des Busses und der Chef des Busterminals hat uns bis zur Abfahrt in sein Büro zu Tee und Kuchen eingeladen.

Wieder einmal spät abends kamen wir im Grenzort Sarakhs an. Als wir Einheimische fragten, wo wir zelten könnten, haben sie uns an die Polizei verwiesen. Wir sind dann also zum Revier und haben nach einem sicheren Plätzchen für die Nacht gefragt. Nach Beratschlagen und Telefonieren mussten wir schließlich einem Polizeiauto folgen und wurden zum Roten Halbmond geleitet (sowas wie das Rote Kreuz in Deutschland). Wir durften die Nacht dort mit den netten Diensthabenden im Bereitschaftszimmer verbringen, die ganz neugierig unsere sämtlichen Reisefotos anschauen wollten, Frühstück am nächsten Morgen inklusive. Zum Abschluss ein sehr schöner und gemütlicher letzter Abend im Iran 1 km vor der turkmenischen Grenze.

 

 

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