17. –  20.06.2012 Grenze Türkei - Istanbul 239 Km

Olli:

Kurz nach dem Grenzübertritt waren wir ziemlich geschafft, da es ja den ganzen Tag nur bergauf ging. Kurzerhand haben wir uns gleich nach der Grenze im Wald – alles militärisches Sperrgebiet – mit unserem Zelt aufgebaut und dort die Nacht verbracht. Das komische dabei war, als Sonja mal in der Nacht wach wurde: „Wer hat denn jetzt das Licht ausgemacht?“ Sonst haben wir ja immer unter freiem Himmel im Mondenschein gezeltet, doch der Wald war so dicht, dass es stockdunkel war ;). Dazu kam, dass wir beim Zeltaufbau bemerkten, dass ständig irgendwas von den Bäumen fällt. Jetzt wissen wir, woher die ganzen Schmetterlinge kommen, die wir schon beim Grenzübertritt bestaunt hatten. Die Bäume ringsum waren voll mit Raupen.

Die nächsten Tage sollte das Bergauf- und Bergabfahren nicht abreißen, aber das Schöne an der Türkei ist, dass man immer Wind hat und so die Hitze besser wegsteckt. Unsere ersten negativen Erfahrungen ließen leider nicht lange auf sich warten. Gleich am dritten Tag wollte ich nur nach dem Weg fragen und hab dazu 2 Männer angequatscht …. Den Weg haben sie mir nicht erklärt, aber dass sie Verwandte in Deutschland hätten und das Deutschland ja so gut Fußball spielt …. Alter, ich will nur wissen wohin ;)!! Ein dritter Mann kam noch dazu und hat sich derweil mit Sonja unterhalten. Ich dachte, dass alles ok wäre, bis Sonja sich neben mich gestellt hat mit den Worten „Der Typ nervt“. Sonja hat mir erst später erzählt, dass er von ihr Sex wollte, obwohl sie nur einen Meter von mir weg stand!!! Manche Türken haben wohl durch das Fernsehen bedingt ein total falsches Bild über europäische und amerikanische Frauen. Die Spitze des Eisbergs war schließlich, dass wir von einem LKW, der Holz geladen hatte, von Jugendlichen, die auf der Ladefläche saßen, mit einem Holzprügel beworfen wurden. Vollpfosten gibt es anscheinend überall. Das alles plus ständige Hitze und Gegenwind haben schließlich Sonja in die Knie gezwungen: ein kleiner Schwächeanfall! Wir waren froh, abends im Zelt zu liegen und den Tag abhaken zu können.

Sonja:

Das klingt jetzt alles sehr negativ, aber abgesehen von diesen wenigen schlechten Erfahrungen waren alle Türken bisher sehr freundlich und hilfsbereit. Sie freuen sich immer ganz besonders, wenn ich sie mit meinem sehr spärlichen Türkisch, dass ich in Deutschland schon etwas geübt habe, anspreche. Ein oder zwei Wörter reichen schon und sie loben freudestrahlend meine guten Türkischkenntnisse. Sehr zu loben sind auch die Bäckereien hier. Der Duft von frischem „ekmek“ (Brot) zieht uns immer schon von weitem an. Es gibt zwar nur Weißbrot, aber frisch aus dem Ofen ist das total lecker hier. Zu diesem Brot besorgen wir uns dann immer noch leckeren weißen „peynir“ (Käse) zum Mittagessen. Bei einer solchen Mittagspause am Straßenrand geschah es dann, dass ich die gerade vorbei laufende Fatma mit einem freundlichen „merhaba“ (Hallo) grüßte. Das hat sie anscheinend so gefreut, dass sie uns gleich zu sich auf die Terrasse zum Tee eingeladen hat. Zum Tee servierte sie uns außerdem frische Ziegenmilch, Käse, Oliven, Honig, Tomaten, Aprikosen, Maulbeeren und zum Schluss bestand sie noch darauf, uns einen Türkischen Kaffee zu kochen. Ein Festmahl!!!

Sie hat uns anschließend genau den Weg nach Istanbul erklärt und wir machten uns optimal gestärkt auf die sehr beschwerliche Etappe in diese verrückte Metropole. Mit dem Fahrrad nach Istanbul fahren macht aber alles andere als Spaß. Schon gut 50 km außerhalb des Zentrums beginnt das Stadtgebiet, der Verkehr nimmt immer mehr zu und die Straße wird erst zwei- und schließlich dreispurig. Wie Feierabendverkehr auf der Autobahn! Natürlich gibt es keinen Radweg und man muss sich vorbei an hupenden Autos, Bussen und LKW und durch deren Abgase kämpfen auf einer recht hügligen Strecke mit reichlich Gegenwind.

Olli:

Ich hatte, während wir da so durch die Blechlawine gegurkt sind, plötzlich die tolle Idee, meine Spiegelreflexkamera rauszuholen und zwar während der Fahrt: Einfach eine Hand am Lenker lassen, dann mit der anderen die Lenkertasche aufmachen, Kamera am Objektiv nach oben drehen, dabei wegen Abgasen nicht aufhören zu atmen und das Gleichgewicht halten, Objektivdeckel entfernen, Kamera aus der Tasche holen, mit den Zähnen den Einschaltknopf betätigen und losknipsen. Sonja hat mich danach geschimpft, als sie die Fotos gesehen hat.

Sonja:

Von den Fahrradnomaden Jens und Sabine hatten wir glücklicherweise den Tipp, den Flughafen anzusteuern, wo man bequem in die Metro steigen und sich in die City fahren lassen kann. Um 20 Uhr abends sind wir dort auch endlich völlig abgekämpft und staubig angekommen. Nach einer kleinen Odyssee durch den Flughafen auf der Suche nach Internet und einem Couchsurfing-Gastgeber, haben wir kurz nach Mitternacht, nach mehrmaligem Umsteigen und Treppenseigen mit unseren schwerbepackten Rädern, schließlich unsere Bleibe beim Couchsurfer Aleks erreicht, wo wir nach all den Strapazen sofort in einen komatösen Schlaf gefallen sind. Endlich geschafft!!!

Olli: Schweine im Weltall oder die Odyssee durch den Flughafen

Wir haben also gegen 20 Uhr den Flughafen erreicht und hatten nun die Aufgabe, einen Platz für die Nacht zu finden. Wir hatten bereits im Vorfeld zu Leuten über Couchsurfing Kontakt aufgenommen und dachten beide, dass dies nicht so schwer sein könnte. Verschwitzt und voll Dreck vom Ruß der Abgase von der Fahrt standen wir also in der Eingangshalle im Flughafen und wollten erstmal rein, um eine freie Internetleitung zu bekommen. Man muss dort aber zunächst durch die Eingangskontrolle. Die unfreundliche Dame hat uns dann gleich mal klar gemacht, dass wir mit unseren Fahrrädern hier nicht rein könnten, da wir Pfefferspray und Benzin dabei hatten. Ich hab dann gleich freundlich weitergefragt, ob es denn möglich sei, die Fahrräder hinter der Absperrung stehen zu lassen und das Wachpersonal ein Auge drauf hat … Antwort: NEIN!! Und dann wurden wir auch noch der Eingangshalle verwiesen. Beim Verlassen des Terminals wollte ich dann nur noch wissen, ob es hier kostenlos Internet gäbe: Ja natürlich, ich müsste mich nur vorher kostenlos registrieren… ein erster Lichtblick, der aber kurze Zeit später voll in die Hose ging. Um einen kostenlosen Benutzer für die Wifi-Verbindung im Flughafen zu bekommen, muss man einen Bestätigungscode via Mobiltelefon freischalten. Zu blöd, dass ich gerade jetzt keins dabei hab … hehe. Also bin ich mit Ipod und Geldbeutel bewaffnet durch die Kontrolle in den Airport gegangen, während Sonja draußen gewartet hat. Mein erstes Ziel war die Touristeninfo im Erdgeschoss. Der Typ hinterm Tresen hat mir nur nen Metroplan in die Hand gedrückt und mich an die Touristeninfo im 1. Stock verwiesen. 10 Minuten später (der Terminal ist riesig ;) ) stand ich dann auch davor. Die Frau war ebenfalls total genervt und hat mich mit einer Handbewegung in irgendeine Richtung an „Desk 3“ verwiesen. Dort würde ein PC stehen, den ich benutzen könnte. Keine Ahnung wo Desk 3 ist … ich hatte ihn nach 10 Minuten immer noch nicht gefunden. Dafür ist mir ein Burger King ins Auge gesprungen. Die haben nur gemeint, ich solle das freie Wifi-Netz des Flughafens benutzen. Wie denn, Du Depp, ohne Mobiltelefon? Also Weitersuchen. Eine halbe Stunde später stand ich dann in einem Coffeeshop und hab dem Personal dort meine blöde Lage erklärt. Eine nette Bedienung hat mir dann einfach mit seinem Handy für den Kauf einer großen heißen Schokolade den Internetzugang freigeschaltet. Manchmal muss man nur nett mehrere Leute fragen ... irgendwann klappts ;)

 

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